Foto: Szene am Meet mit Sonnenuntergang, Mutter hält Tochter an der Halt

Eine Trennung im Guten ermöglicht Paaren einen respektvollen und heilsamen Abschluss ihrer Partnerschaft. Die besondere Coachingmethode „Conscious Uncoupling“ hat die Trennung im Guten zum Ziel. In diesem Artikel beschreibe ich, wie die Trennung im Guten gelingen kann und beantworte die wichtigsten Fragen zu diesem innovativen Ansatz.

1. Trennung im Guten: Was bedeutet Conscious Uncoupling?

Conscious Uncoupling bedeutet wörtlich übersetzt: „bewusste Entpaarung“. Es ist ein Einzelcoaching für bewusste Trennung, das die US-amerikanische Ehe- und Familientherapeutin Katherine Woodward Thomas entwickelt hat. Im Jahr 2014 bekam diese Methode weltweite Aufmerksamkeit, als die Schauspielerin Gwyneth Paltrow und der Coldplay-Sänger Chris Martin sich mit Conscious Uncoupling bewusst und friedlich trennten.

Es umfasst fünf Schritte, die zu einer Trennung im Guten verhelfen:

Schritt 1: Du findest zu emotionaler Freiheit.
Menschen vor und in einer Trennung entwickeln ein souveränes Verhältnis zu ihren Gefühlen rund um eine Trennung und werden innerlich ruhiger.

Schritt 2: Du holst dir deine Kraft und dein Leben zurück.
Ein wichtiger Aspekt des Trennungsprozesses ist, wieder in seine Kraft zu kommen, Eigenverantwortung zu übernehmen und aus einer möglichen Opferrolle herauszutreten.

Schritt 3: Du brichst aus alten Verhaltensmustern aus.
Jeder Mensch hat unbewusste individuelle Verhaltensmuster in Beziehungen, deren Ursprünge oft in Kindheit und Jugend liegen. In diesem Schritt werden sie identifiziert und zum eigenen Wohl verändert. Das tut auch einer künftigen Beziehung gut.

Schritt 4: Du findest wieder Kraft für die Liebe.
Dieser Schritt hilft, im Verhältnis zum/zur ehemaligen Partner:in das Gute zu bewahren und wertzuschätzen, was war.

Schritt 5: Du wirst „trotz allem“ wieder glücklich.
Die alte Beziehung wird durch eine neue Form des Miteinanders ersetzt. Ziel ist – im Idealfall – eine kooperative Zukunft für alle Beteiligten.

2. Funktioniert eine Trennung im Guten auch bei festgefahrenen Beziehungen?

In festgefahrenen Beziehungen weiß mindestens einer der Partner nicht mehr vor noch zurück. Er/Sie fühlt sich nicht mehr wohl in der Partnerschaft, irgendetwas Wichtiges fehlt, man ist nicht mehr glücklich. Es herrscht oft das unbestimmte, aber starke Gefühl, dass es „so“ nicht mehr weitergehen kann. Die Beteiligten wissen nicht, wie sie das alles lösen sollen. Manchmal gibt es schon eine Außenbeziehung. Die Lebensumstände können eine Trennung im Guten unerreichbar erscheinen lassen, vor allem wenn das Paar Kinder hat. Aber auch die miteinander verbrachte Lebenszeit, gemeinsam Erreichtes oder ein angenehmer Lebensstandard können zu einer Entscheidungsunfähigkeit führen.

Conscious Uncoupling ist in einer solchen Situation sinnvoll, weil es beim einzelnen ansetzt. Es ist keine Paartherapie, sondern ein Einzelcoaching, das genau betrachtet, wo der Mensch steht. Zuerst werden seine Gefühle, Bedürfnisse, Wünsche und Werte erforscht, erst dann geht der Blick auf die/den anderen und die gemeinsame Beziehung. Der eigene Anteil an der Situation spielt eine große Rolle, aber ohne Scham oder Schuldvorwurf. Jeder einzelne wird so innerlich stabilisiert und ermächtigt, in der Trennung gelassen und souverän zu handeln. Das ist die Basis für eine Trennung im Guten. Schlechte Gefühle oder gar Missgunst entstehen deutlich seltener oder werden wohltuend verarbeitet. Eine bewusste Trennung ermöglicht so ein konstruktives Miteinander in der Zukunft.

3. Wie kann man eine Trennung im Guten beginnen?

Den Prozess des Conscious Uncoupling kann jeder der Partner allein für sich und ohne den anderen beginnen. Das tut in der Regel der Partner, der den größeren Leidensdruck verspürt. „Beginnen“ klingt hier so einfach. Den Betroffenen kostet dieser Schritt jedoch zunächst oft große Überwindung, ist er doch auch ein Eingeständnis, es vielleicht nicht „geschafft“ zu haben in der eigenen Partnerschaft.

Das Coaching fängt diese Sorgen und den Schmerz auf, behutsam und individuell. So weicht die anfängliche Überwindung bald dem Gefühl, endlich einmal alles aussprechen zu können. Das ist für Menschen überaus wohltuend. Und macht im Coaching den Weg frei für innere Entwicklung. Die tut der/dem Betroffenen gut – und damit auch der Trennung im Guten.

4. Welche rechtlichen Aspekte sollten auch bei einer Trennung im Guten bedacht werden?

Das richtet sich nach den individuellen Lebensumständen des Paares: Sind sie verheiratet oder haben sie eine nichteheliche Lebensgemeinschaft? Hat das Paar gemeinsame Kinder oder haben die Partner Kinder aus einer früheren Beziehung? Arbeiten beide in Vollzeit oder nicht? Hat das Paar Schulden? Gibt es gemeinsames Eigentum, wie Immobilien, Aktiendepots oder Autos? Haben beide Partner eventuell ein Unternehmen zusammen aufgebaut? Gibt es einen Ehevertrag oder gilt bei einer Ehescheidung der gesetzlich vorgesehene Zugewinnausgleich?

Allgemein ist in vielen Fällen an die folgenden rechtlichen Ansprüche zu denken: (Trennungs-)Unterhalt, Versorgungsausgleich, Zugewinnausgleich, Auskunftsansprüche sowie für Kinder das Sorgerecht, Umgangsrecht und Aufenthaltsbestimmungsrecht. Die Aufteilung des Hausrats ist zu regeln ebenso wie die Anteile an gemeinsamem Eigentum.

Die Beziehungssituationen sind vielfältig, die Themen, die neu zu regeln und zu ordnen sind, ebenfalls. Die meisten Betroffenen wissen das alles nicht. Daher ist es immer empfehlenswert, bei einer Trennung zumindest eine anwaltliche Erstberatung wahrzunehmen, um hierüber Klarheit zu erlangen. Das steht auch einer Trennung im Guten nicht im Weg: Erst wenn die Beteiligten auch ihre rechtliche Situation kennen, können sie gute Entscheidungen treffen und ausgewogene Kompromisse finden zum allseitigen Wohl.

5. Kann eine Trennung im Guten helfen, Freundschaft nach der Trennung zu bewahren?

„Lass uns Freunde bleiben“ – das ist ein Ideal, das viele sich für ihre Trennung wünschen. Die Methode des Conscious Uncoupling ermöglicht es, ehrlich auf sich selbst und den eigenen Anteil an der Trennung zu schauen, aber auch den anderen wohlwollend und respektvoll zu sehen. Dann wird ein „Act of Golden Repair“ angeregt, ein „Akt der Wiedergutmachung“: Was kann ich dem anderen beim Beziehungsende konkret noch Gutes tun? Gemeint sind immaterielle Gesten, die „nur“ innere Großzügigkeit voraussetzen, dem anderen aber oft viel bedeuten. Das ist häufig der letzte wichtige Baustein, der zur Trennung im Guten beiträgt.

Freundschaft „um jeden Preis“ ist hingegen nicht das Ziel des Conscious Uncoupling. Es gibt sehr schwierige Beziehungssituationen, bei denen eine Freundschaft nach der Trennung unmöglich erscheint oder schlicht nicht gewünscht ist. Dann hilft Conscious Uncoupling, im Frieden mit sich selbst die Partnerschaft wertschätzend abzuschließen – und loszulassen.

6. Wie können Kinder bei einer Trennung im Guten miteinbezogen werden?

Eine Trennung im Guten – das wollen fast alle zur Trennung entschlossenen Eltern besonders für ihre Kinder. Sie sollen so wenig wie möglich unter der Trennung der Eltern leiden und diese gut für sich verarbeiten. Meistens wollen beide Eltern vollwertige Ansprechpartner für ihre Kinder bleiben und gleichberechtigt für sie sorgen.

Der Conscious Uncoupling-Prozess bereitet der Trennung im Guten der Eltern den Weg und ermöglicht in vielen Fällen ein kooperatives Miteinander auch nach der Trennung. So kann die Basis entstehen für eine wohlwollende und respektvolle (Patchwork-) Familie 2.0, in der sich alle friedlich an Feiertagen und festlichen Ereignissen treffen. Mit einem modernen, neuen Familienleben, das sogar Urlaube in der Großfamilie mit neuen Partner:innen der Eltern umfassen kann.

Aber auch wenn nur ein Elternteil den Weg des Conscious Uncoupling geht, wirkt sich schon das positiv auf Kinder in der Beziehung aus. Mit einer bewussten Trennung kommt der einzelne Elternteil schneller wieder zu sich, wird wieder gelassener, zufriedener und zuversichtlicher. In meinem Coaching gebe ich dem Elternteil außerdem wirksame Vorschläge für eine gute Kommunikation mit der/dem Ex und mit den Kindern an die Hand. So gestärkt, kann er/sie Kinder behutsam und umsichtig durch den Trennungsprozess begleiten, sie in ihrer individuellen Persönlichkeit wahrnehmen und ihre Bedürfnisse erfüllen. Das sind die besten Voraussetzungen, um ein Beziehungsende auch für Kinder zu einer guten Trennung zu machen.

Bildnachweis: pixabay/sasint

Foto: Buchcover Du darfs gehen von Dr. Annette Oschmann

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